Was ist das Allererste, was du tun solltest, bevor du in Deutschland eine Immobilie kaufst? 

Du wirst viele verschiedene Quellen finden, die unterschiedliche Dinge sagen und dich in verschiedene Richtungen weisen. Hier ist meine Meinung basierend auf meinen Erfahrungen.

Der Risikobewertungsprozess

In anderen Ländern wie Kanada oder den USA gehst du zur Bank, machst eine Hypothekenprüfung, um zu wissen, was du dir leisten kannst. Mit dieser groben Summe im Kopf suchst du dann nach der idealen Immobilie. Deutschland ist in diesem Szenario ziemlich anders. Die Bank könnte dir leicht einen Kredit über 500.000 Euro für eine Wohnung im Zentrum Berlins geben, während sie dir einen Kredit über 300.000 Euro für ein modernes Haus in den Vororten von Frankfurt verweigern würde. Warum? Das liegt an ihrem Risikobewertungsprozess. Eine Wohnung in Berlin könnte im hypothetischen Fall deines Zahlungsausfalls sofort verkauft werden. Ein Haus in den Vororten bleibt viel länger in ihren Büchern. Dies ist ein Faktor, den Menschen mit Erfahrungen aus anderen Ländern, insbesondere Kanada oder USA, nicht gewohnt sind.
 

Die Schufa - ein Risikofaktor

Ein weiterer Risikofaktor in den Augen einer Bank, ist dein Schufa-Score.

Bevor du überhaupt mit Banken sprichst oder nach Wohnungen suchst, solltest du deine Schufa prüfen. Dies war ein Fehler, den ich gemacht habe. Bevor ich dir von meiner Odyssee erzähle, fangen wir von vorne an.

Die Schufa ist Deutschlands größte Kreditauskunftei, die als private Institution fungiert und kreditbezogene Informationen über Einzelpersonen sammelt und verwaltet. Ihre Hauptfunktion besteht darin, die Kreditwürdigkeit zu bewerten, indem sie Daten über das Finanzverhalten von Einzelpersonen, einschließlich der Rückzahlung von Krediten, der Nutzung von Kreditkarten und anderer finanzieller Verpflichtungen, zusammenstellt.

Stell dir vor, du willst eine Matratze kaufen und entscheidest dich, diese mit Rechnung zu bezahlen, nachdem du sie erhalten hast, und nicht mit Kreditkarte oder PayPal bei der Bestellung. Nun, das geht in dein Schufa-Register. 

Oder stell dir vor, du ziehst ein paar Mal in einer Stadt um innerhalb weniger Jahre. All diese neuen Adressen werden in deiner Schufa erfasst und du wirst dann als riskant eingestuft, weil du zu sprunghaft und damit nicht vertrauensvoll wirkst.

In einem Telefonat mit der Schufa, in dem ich versuchte herauszufinden, warum jede Bank meinen Antrag ablehnt, musste ich feststellen, dass ich schlichtweg in der falschen Straße wohnte. Stell dir vor, du ziehst in eine Nachbarschaft, in der die Leute um dich herum im Durchschnitt schlechte Schufa-Scores haben. Nun, das betrifft dich auch, weil du, zu einem gewissen Grad, in denselben Pool gelegt wirst. 

Meine persönlichen Erfahrungen mit der Schufa

Das Beispiel mit der falschen Straße habe ich bereits erzählt, das war aber leider nicht der einzige Grund warum Banken meinen Antrag ablehnten.

Im Jahr 2019 begann ich, nach meiner ersten Wohnung in Berlin zu suchen. Ich fand die perfekte Wohnung in Charlottenburg. Ich war zu 100 % überzeugt, dass ich einen Kredit für eine 420.000 Euro teure Wohnung bekommen würde. Leider lag ich falsch. Obwohl ich fast die Hälfte des Wertes in bar hatte und obwohl ich ein mittleres sechsstelliges Einkommen hatte, wurde ich in den Augen der Banken als zu riskant angesehen. 28 Jahre alt, unverheiratet, keine Kinder und seit etwas mehr als 12 Monaten bei meinem Unternehmen angestellt. Es gab keine Möglichkeit, dass sie mir einen Kredit geben würden. Warum? Wegen meines Schufa-Scores. Dass ich bei drei verschiedenen Banken einen Kredit angefragt hatte, hatte meinen Score weiter verschlechtert.

Als ich nach Deutschland zog, kaufte ich ein paar Dinge auf Rechnung. Ich zog ein paar Mal in München und ein paar Mal in Berlin um. Besonders in Berlin wohnte ich in einem Gebäude, wo die Adresse so etwas wie 28/30 XXXX Straße war. Und da es sich um zwei Ziffern handelt, die durch einen Schrägstrich getrennt sind, sind dies zwei verschiedene Einträge im Schufa-Register. Das heißt: SCHLECHT.

Also, zurück zur ursprünglichen Frage. Was ist der allererste Schritt, den du tun solltest, bevor du eine Immobilie kaufst? 

Hol dir deine Schufa-Auskunft. Achte darauf nicht die kurze Version, den Schufa-BonitätsCheck, die du u.a. auf ImmoScout24 finden kannst, zu kaufen. Die aussagekräftige, umfangreiche Version, die du von der Original-Schufa-Website bekommst nennt sich Schufa-BonitätsAuskunft per Post. 

Sobald du ihn erhältst, überprüfe alle Adressen, bei denen du registriert warst. Prüfe, ob alle Informationen korrekt sind. Wenn es Duplikate gibt, kontaktiere sie, damit sie diese entfernen können. Wenn es falsche Informationen gibt, lass es sie wissen. Diese Änderungen werden im nächsten Quartal wirksam. Ab diesem Moment kannst du die nächsten drei Monate damit verbringen, den Markt zu beobachten und zu planen, was dir beim Kauf einer Immobilie wichtig ist.

Mein Rat

Die Schufa zu verstehen, ist für jeden, der in Deutschland lebt oder plant, dort zu leben, unerlässlich, da sie eine zentrale Rolle beim Zugang zu Finanzdienstleistungen und -möglichkeiten spielt. Indem du dich mit der Funktionsweise der Schufa vertraut machst und Schritte unternimmst, um deine Kreditwürdigkeit verantwortungsvoll zu verwalten, kannst du sicherstellen, dass deine finanziellen Angelegenheiten in gutem Zustand bleiben und du die Vorteile einer positiven Kredithistorie genießt.

Bevor du Zeit und Geld verlierst und emotional in eine Wohnung investierst, die du einfach nicht bekommen wirst – überprüfe deinen Schufa-Score und korrigiere bzw. optimiere ihn gegebenenfalls. Dann kannst du deine Traumimmobilie finden.

1. Juli 2024